Avag Hingschabti 2024
Fußwaschung und Khawarum in Kehl
Am Abend des Gründonnerstags fand in den Armenischen Kirche weltweit ein ganz besonderer Gottesdienst statt: die Fußwaschung und anschließend Khavarum. Dabei gedenken die armenischen Christen der letzten Tage Jesu Christi, seiner Liebe und seines Opfers für die Menschheit.
Demut und Liebe in Aktion
In der Mutterkirche Etchmiadsin zelebrierte Seine Heiligkeit Karekin II., Katholikos aller Armenier, die Fußwaschung. Er wusch und salbte die Füße von 12 Bischöfen, symbolisch für die 12 Apostel. Diese Geste der Demut und Liebe erinnert an Jesu Beispiel, seinen Jüngern die Füße zu waschen.
Auch in den Gemeinden unserer Diözese, u.a. auch in Kehl fand die Fußwaschung statt. Pfarrer Dr. Diradur Sardaryan wusch die Füße von 12 Gemeindemitgliedern, vom Kindesalter bis zu Erwachsenen. In seiner Predigt betonte er die Bedeutung des diakonischen Dienstes, der Liebe und der Demut.
Khavarum: Gedenken an Verrat und Kreuzigung
Im Anschluss an die Fußwaschung folgte der Ritus Khavarum. In dieser stillen und meditativen Zeremonie gedenken die Armenischen Christen des Verrats und der Kreuzigung Jesu. Lesungen aus der Bibel erzählen die Geschichte der letzten Stunden Jesu und laden zur inneren Einkehr ein.
Pfarrer Sardaryan stellte die Frage: „Wer ist schuld am Tod Jesu Christi?“. Er forderte die Gemeinde auf, diese Frage im eigenen Herzen zu beantworten. Wie oft „kreuzigen“ wir Jesus durch unsere Sünden? Wie oft verraten wir ihn? Diese Fragen sollen zur Reue, Umkehr und Erneuerung führen, so Pfarrer Diradur in seiner Predigt.
Es gibt zwei Wege aus der Sünde: den Weg des Judas Iskariot, der in Verzweiflung Selbstmord begeht, und den Weg des Petrus, der seine Taten bereut und Vergebung sucht. Christen sollen den Weg der Reue wählen und sich von Gott reinigen und heilen lassen.
Der Gründonnerstag in der Armenischen Kirche ist ein Tag der Demut, der Besinnung und des inneren Wandels. Die Gemeinde feierte gemeinsam und bekräftigte ihren Glauben an die Liebe und das Opfer Jesu Christi. Diese Botschaft lädt alle Menschen ein, über ihr Leben nachzudenken und sich auf den Weg der Reue und Erneuerung zu begeben, um durch das Licht der Erkenntnis Gottes erleuchtet zu werden.
Avag Hingschabti (Der große Donnerstag)
Das letzte Mahl – die Gründung der Hl. Eucharistie
Avag Hingschabti (Kardonnerstag oder Gründonnerstag) ist ein wichtiger Tag in der gesamten christlichen Tradition, da er die Erinnerung an das letzte Abendmahl Jesu mit seinen Jüngern darstellt. An diesem Tag wird die Gründung des Mysteriums der Heiligen Eucharistie gefeiert. Also das unblutige immerwährende Opferdarbringung Christi, die während des Surb Patarags (der Hl. Liturgie) geschieht.
Während des letzten Abendmahls nahm Jesus das ungesäuerte Brot, segnete es und brach es, und gab es seinen zwölf Jüngern mit den Worten: „Nehmt und esst; das ist mein Leib.“ Er nahm auch den reinen Wein, dankte Gott dafür, gab ihn seinen Jüngern und sagte: „Trinkt alle daraus; das ist mein Blut, das Blut des Bundes, das für viele vergossen wird zur Vergebung der Sünden“ (Mt. 26, 17-30; Mk. 14, 12-26; Lk. 22, 7-14; Joh. 13, 21-30).
Als Gedächtnistag des Letzten Abendmahls und der damit verbundenen Einsetzung der Eucharistie durch Jesus Christus wird in den Kirchen Surb Patarag zelebriert. Diese Handlung, die auch Eucharistiefeier oder Hl. Liturgie genannt wird, ist eine zentrale Praxis der armenisch-apostolischen, aber auch der orthodoxen und der katholischen Kirchen. Während des Surb Patarags werden Brot und Wein durch den Hl. Geist in Leib und Blut Christi verwandelt und den Gläubigen als Haghordutyun (Kommunion) gereicht.
Die Fußwaschung
Am Abend des Avag Hingschabti findet in den armenischen Kirchen die Fußwaschung statt. Diese Praxis wird auch in den orthodoxen, katholischen und evangelischen Kirchen auf der ganzen Welt während der Karwoche oder am Gründonnerstag in einer oder anderen Weise durchgeführt. Es ist eine symbolische Handlung, die an das letzte Abendmahl Jesu erinnert. Nach dem Mahl goss Jesus Christus Wasser in eine Schüssel, kniete nieder vor seinen Jüngern und begann die Füße der Jünger zu waschen (Vgl. Joh. 13, 5).
Die Fußwaschung repräsentiert die Demut und den Dienst, den Jesus seinen Jüngern zeigte. Dies war eine Aufgabe, die normalerweise von Sklaven ausgeführt wurde, aber Jesus tat es, um seinen Jüngern ein Beispiel zu geben, ein Vermächtnis: Christen sollen einander dienen. Der Dienst an Menschen im Namen Christi ist der tätige Ausdruck der Nächstenliebe. Sie lehrt und erinnert uns daran, dass wir uns um andere kümmern sollten.
Die Fußwaschung ist eine einfache, aber tiefgreifende Praxis, die uns an die Werte der Liebe und des Dienstes erinnert, die im Herzen des christlichen Glaubens stehen.
Khawarum (die Passionsandacht)
Die Passionsandacht, die auf Armenisch im Volksmund „Khawarum“ (Verdunkelung) oder „Latsi Gischer“ (Nacht des Weinens) genannt wird, wird am späten Abend des Gründonnerstags abgehalten. Diese Andacht markiert den Beginn des Karfreitags, da der nächste Tag gemäß des kirchlichen Kalenders mit dem Sonnenuntergang beginnt.